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215417

(1997) Einheit und Widerspruch I, Stuttgart, Metzler.

Spinoza — die Wende der cartesischen Wende

Hans Heinz Holz

pp. 222-260

Die Philosophie des 17. Jahrhunderts wird geprägt durch die Auseinandersetzung mit Descartes. Wo immer die Schulphilosophie die Erstarrung in den Lehrschemata der Spätscholastik sprengt, tut sie dies mit Bezug auf Descartes. Der Cartesianismus ist die via moderna der Epoche. Selbst Thomas Hobbes, der eine von Descartes unabhängige Systemkonzeption entwickelt, bleibt in der Abwehr des cartesischen Ansatzes an die von diesem vorgegebene Problemlage gebunden.1 Die grossen metaphysischen Systemdenker — Spinoza, Malebranche, Leibniz — erarbeiten ihre eigene Position, indem sie sich zwar von Descartes kritisch absetzen, aber doch sich ansiedeln auf dem von ihm abgesteckten Boden rein sich selbst begründenden Wissens, auf dem autonome Philosophie allererst möglich wird. So wie es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts keine Philosophie nach Kant gibt, die sich nicht unter den Anspruch transzendentaler Begründung stellen würde (welch andere Wege sie dann auch einschlagen mag), so auch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts keine, die nicht der Forderung nachzukommen suchte, die Gewissheit der klaren und deutlichen Ideen in der Verfassung des cogito selbst zu sichern. Descartes hatte die Philosophie aus der Umarmung der Theologie befreit; er hatte mit äusserster Radikalität die Rede von Gott zu einer Sache philosophischer Reflexion und nicht religiöser Intuition gemacht.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03706-0_12

Full citation:

Holz, H.H. (1997). Spinoza — die Wende der cartesischen Wende, in Einheit und Widerspruch I, Stuttgart, Metzler, pp. 222-260.

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